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Von Kälte und Klarheit

Es liegt noch der Schnee der vergangenen Tage. Verwischt und schmutzig türmt er sich am Rande der Gehwege. Auf dem Waldparkplatz liegt er grau und gelb zwischen den Reifenspuren, abgasversaut und festgetreten von tausend Füßen auf dem Weg in den Wald.

 

Mit jedem Schritt in den Wald hinein wird der Schnee sauberer, mit jedem Schritt wird er schöner. Zusammen mit dem Dreck der Stadt lasse ich mit jedem Schritt den Alltag weiter hinter mir.

 

 

 

Viele Menschen nutzen den Wald derzeit und ich freue mich darüber. Hoffe, dass sie ihn wieder etwas mehr sehen und wertschätzen dadurch. Und sie sind fröhlich! Der Schnee in solchen Mengen ist ein Geschenk, das wir nicht mehr oft bekommen. Nicht nur Kinder, auch viele Erwachsene fahren Schlitten, nutzen jeden Abhang, machen Schneeballschlachten und Schneeengel. Lachen und freuen sich wie Kinder, wie gut das tut, selbst beim Zusehen!

 

 

 

Dennoch suche ich Ruhe, verlasse die Hauptwege und gehe tiefer in den Wald hinein. Die Luft ist glasklar, der hier nun unberührte Schnee funkelt und glitzert im Sonnenlicht in allen Regenbogenfarben. Als hätte jemand großzügig Märchenzauber darüber gestreut. Ich hocke mich in die Sonne und genieße den Anblick. Ich bin ganz Schauen.

 

 

 

Da meldet sich plötzlich ein anderer Sinn. Ein Vogel ruft. Immer wieder. Ich hebe den Blick ins tiefe klare Blau des Himmels, versuche die Quelle des Geräusches zu finden. Sanft herabrieselnder Schnee weist meinem Blick den Weg. Ein Buntspecht fliegt geschäftig von Ast zu Ast, wirbelt dabei Schnee auf und wiederholt immer wieder seinen einsilbigen Ruf. Was tut er da, was ruft er da?

 

 

 

Es ist eine dankbare Jahreszeit, um nach den Vögeln zu schauen. Sie zwitschern noch nicht alle wild durcheinander, aber sie sind schon recht geschäftig unterwegs, schauen nach möglichen Nistplätzen. Ihre Kontaktrufe verlocken dazu, sie zu suchen. Und in den noch unbelaubten Baumkronen sind sie leicht zu entdecken. Ich finde, ich habe einen ganz tollen Platz in der Sonne und beobachte und lausche dem wilden gefiederten Volk, bis mein Nacken steif wird und die Eiseskälte ihren Weg durch meine Klamottenschichten findet.

 

 

 

Dieser Winter zeigt sich zum Abschied nochmal in seiner ganzen Pracht. In meine Vorfreude auf Licht und Wärme mischt sich etwas Wehmut, die mich daran erinnert, den Moment zu genießen. Auf dem Rückweg spüre ich deshalb bewusst in die Kälte und die Klarheit der Luft. Und lausche weiter den Vögeln, die ihrem uralten Wissen über das Licht folgen und sich auf den Frühling vorbereiten.

 

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